Die elektrischen Gibson Archtops

In diesem Artikel geht es um die elektrifizierten Gibsongitarren mit gewölbter massiver Decke. Ich habe hier einige Erkenntnisse aus Recherchen und Beobachtung, sowie aus alten Gibson Katalogen und sehr guten Büchern zusammengefasst. Siehe Literaturhinweise*, unten.

Die historische Strecke habe ich, der Übersichtlichkeit wegen in folgende drei Abschnitte unterteilt:

  • pre-war
  • post-war 
  • post Kalamazoo

Die Darstellung bzw. Auflistung erhebt, trotz aller Sorgfalt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

 

Die pre-war Modelle

Der Zeitraum liegt mit der ES-100 (1937-1940), ES-125 (194-1942), ES-150 (1936-1940), der ES-250 und ES-300 (1940-1941) von 1936 bis 1942. Die Bezeichnung „ES“, für Electric Spanish wird hier ebenso genutzt, wie bei den ES-Modellen mit gesperrten Decken, was sich ab den Nachkriegs-Modellen ändert. Hier ist beispielsweise die ES-150 mit einem Pickup, sowie die ES-300  einem oder zwei Pickups bereits aus gesperrten Hölzern gebaut.

 

Gibson ES-150                   (1936 – 1940; 1940 – 1942)
Korpusbreite:  16 1/4″
Korpuslänge:  20 1/4″
Zargenhöhe:  3 3/8″
Beleistung:  X-bracing
Mensurlänge:  24 3/4″
Anzahl Bünde:  19

Die ES-150 ist wohl DIE Charlie Christian Gitarre. Zwar wurde er später auch mit der luxuriöseren, hübschen ES-250 abgelichtet, aber die ES-150 war der Einstieg zur Popularität Christians und der elektrifizierten Gitarre schlechthin.

Die ES-150 besitzt diesen, später als Charlie Christian Pickup bekannt gewordenen, geradezu ikonischen Tonabnehmer mit einer Stahlklinge, eingefasst in einer sechseckigen Kunststoffplatte. Eine Entwicklung des Gibsonmitarbeitrs Walter Fuller, die 1937 zum Patent angemeldet wurde, aus 10.000 Windungen AWG42 Draht besteht und etwa 8kOhm aufweist. Die beiden großen, flachen Magnete, bestehend aus Eisen und 36% Kobalt, liegen unterhalb der Gitarrendecke. Die ganze Konstruktion wird durch drei, auf der Decke sichtbare Schrauben gehalten, was die üppigen Dimensionen bereits erahnen lässt.

Als man bei Gibson weiter mit Tonabnehmern laborierte, bekam der Pickup verstellbare Pole wanderte in ein Blechgehäuse und die Position in Richtung Steg. Ein von mir getestetes Exemplar von 1940 belegt das, ist aber klanglich, für meinen Eindruck eher von gemäßigtem Gesamtergebnis. 

Die Decke ist eine gewölbte, geschnitzte Fichtendecke, der Boden ist dagegen in der ersten Version eben. Ab der zweiten Version , von 1940 bis 1942, das ist die mit dem  Steg-Pickup, einen zweiteiligen, gewölbten Boden. – In der freien Wildbahn tauchen ab und zu mal vermeintliche ES-150 mit gewölbtem Boden UND Charlie Christian Pickup in der  Halsposition auf, das sind nachträglich elektrifizierte L-50. Dabei ist die L-50 eine prima 16″ Archtop, – aber das ist eine andere Geschichte, die an anderer Stelle mal  erzählt werden soll ..

 

Gibson ES-100                   (1937 – 1940)
Korpusbreite:  14 3/4″
Korpuslänge:  19 1/4″
Zargenhöhe:  3 3/8″
Beleistung:  X-bracing
Mensurlänge:  24 3/4″
Anzahl Bünde:  19

Eine kleine und günstige, Schwester der ES-150 mit einem etwas schlichteren Tonabnehmerdesign mit rechteckiger, weisser, oberer Abdeckplatte und einer anderen Materialmischung der Magneten aus Eisen und 17% Kobalt. Offiziell habe ich keine Listung einer zweiten Version gefunden, jedoch habe ich ebenfalls eine Version gesehen, die, wie diezweite Version der ES-150 ebenfalls einen P13 Pickup am Steg mit Blechkappe gesehen, statt des Halpickups..

 

Gibson ES-125                   (1941 – 1942)
Wie ES-100, das Modell wurde lediglich 1941 in ES-125 umbenannt.

 

Gibson ES-250                    (1939 – 1940)
Korpusbreite:  17″
Korpuslänge:  21″
Zargenhöhe:  3 3/8″
Beleistung:  X bracing
Mensurlänge:  25 1/2″
Anzahl Bünde: 20

Die ES-250 ist die schickere und elegantere Schwester der ES-150. Ein großzügiger Saitenhalter, – fast im Stile der späteren Super 400, – und eine, an den Seitenflanken stufig eingeschnittene Kopfplatte machen schon was her! Der Pickup sieht dem der ES-150 recht ähnlich, besitzt aber statt des durchgehenden, aufragenden Stahlblocks, einen mit sechs einzelnen Fingern, die Wicklung aus 10.000 Windungen AWG42 ist dagegen unverändert gleich. 

 

Gibson ES-300                (1940 – 1941)
Korpusbreite:  17″
Korpuslänge:  21″
Zargenhöhe:  3 3/8″
Beleistung:  parallel bracing
Mensurlänge:  25 1/2″
Anzahl Bünde: 20

Die 1941er ES-300 fühlte sich für mich auf Anhieb, wie eine richtige, ordentliche Archtop an. Mein erstens Zusammentreffen mit einer ES-300 war die zweite Version, mit dem kleineren, diagonal angeordneten Pickup in Stegnähe.

Das zweite Mal, kam dann die historisch Ältere mit dem riesigen Pickup, der ebenfalls diagonal vom Steg bis zum Griffbrettende geht. Was ein Klopper! 

Beides sehr schöne und besondere Instrumente mit Gibson Script-Logo.

Die erste Version klingt aufgrund des breiten Abnahmebereichs ausgewogener, wobei das wohl beachtliche Gewicht des Clunker-Pickups die Deckenschwingung etwas bremst.

Dennoch kann man was damit anfangen und die Gitarren fühlen sich gut an. 17″ Hüftbreite und gut gebaut. Allein aus orthopädischen Gründen beugt eine 17″ja, im sitzen gespielt einem Rundrücken vor und sollte als Präventionsmaßnahme bei der Krankenkasse gelten. 😉 

Die Hälse haben sich ebenfalls „ordentlich“ angefühlt und sind optisch mit dem schwarzen Stinger auf der Kopfplattenrückseite und dem dunklen Mittelstreifen auf Riegelahorn eine Augenweide!

 

 

Die post-war Modelle

Das Nachkriegssortiment ist durch die „L-Modelle“, L-4 (sporadisch ab 1948), L-5 (1951..heute), L7 (1948-1954) und Super 300 (1948-1958), Super 400 (1951 .. heute), sowie der Thinline Byrdland geprägt.

Als erstes Artist-Modell kam 1961 die Johnny Smith als erste carved top ins Gibson-Programm, die zeitweise die teuerste Archtop war. 1962 folgte die L5CT mit reduzierter Zargentiefe, die aber nur inoffiziell als George Gobel-Modell bekannt wurde. 

 

Gibson L-5CES                    (1951 – 2019**)
Korpusbreite:  17″
Korpuslänge:  21″
Beleistung:  parallel bracing
Mensurlänge:  25 1/2″
Anzahl Bünde:  20

Die elektrische Ausführung des Gibson „Mastermodels“ und eines der Standardinstrumente bei Jazzgitarristen und vermutlich generell der Traum vieler Gitarristen. Zu Beginn mit AlNiCo Tonabnehmern mit ihren charakteristischen rechteckigen Polpieces ausgestattet, bekam die L-5 freilich die neuen doppelspuligen PAF Pickups. Das Instrument ist üblicherweise mit zwei Tonabnehmern ausgestattet, wobei Gibson wohl so um 1964 herum auch ein paar L-5CES mit einem Humbucker in der Halsposition baute, wie z.B. die Exemplare, die Wes Montgomery einsetzte. 

Eine besonders üppige Version ist die nur 1994-1995 in sehr begrenztem Umfang gebaute 100th Anniversary Centennial Limited Edition. AmSaitenhalter sind Diamanten in der Jahreszahl, die Marker der vergoldeten Potiknöpfe sind eingesetzte Diamanten, sowie der i-Punkt im Gibson-Logo auf der Kopfplatte ist ein Diamant. Die Kopfplattenrückseite ziert eine goldene Medaille mit dem Kopf den Gründers Orville Gibson. Zudem wird das Instrument mit einem Echtleder bezogenen Koffer nebst genähter Wetterschutzhülle und einem echtgold Siegelring mit der Serien-Nr. der L-5 geliefert. 

Die typischen L-5.Attribute, der Art Deco Saitenhalter (idealerweise mit mechanischer Vari-Tone-Verstellung), das Flower Pot Inlay
auf der Kopfplatte und das spitz zulaufende
Grifbrettende sind Designstandards!

Gibson L-5 Wes Montgomery

1993 brachte Gibson die L-5CES als Wes Montgomery mit einem Pickup in der Halsposition auf den Markt. 2004 stellte Gibson eine L-5CES Wes Montgomery mit perlmuttener Herzintarsie her, wie die originale von Wes Montgomery gespielte Single Pickup Version. Wes stützte an dieser Stelle immer seine Finger auf der Decke auf, während er mit seinem Daumen anschlug. Vermutlich, als Schutz für die Decke.

**Das Zeitraumende 2019 rührt daher, da dies das jüngste Baujahr ist, dass mit live untergekommen ist und ich im Dialog mit renommierten Szenekennern gehört habe, Gibson baue keine massiven Archtops mehr und Gibson die letzte L-5CES im Angebot, eine L-5 Wes Montgomery, ist als Modell auf der Gibson Website nicht mehr erhältlich. 

 

Gibson L-5CT                    (1959 – 1961)
Korpusbreite:  17″
Korpuslänge:  21″
Zargenhöhe:  2 3/8″
Beleistung:  X-bracing
Mensurlänge:  24 3/4″
Anzahl Bünde:  20

Die L-5CT ist eine flachere Version der L-5 wurde mal für den Kömödianten und Entertainer George Goebel gebaut. Allerdings mit der 25“1/2 Mensur. Wie A.R.Duchossoir in seinem Buch Electric Guitars berichtet, nur als Einzelstück. Jedoch wurden im Jahr 1959 ebenfalls L-5CTs an Billy Byrd und an Hank Garland mit unterschiedlicher Pickup-Bestückung geliefert.
Hier liegt die Nähe zur Byrdland, die von beiden Gitarristen beeinflusst ist, aber mit 1955 früher kam. 

 

Gibson L-7                    (1948 – 1954)
Korpusbreite:  17″
Korpuslänge:  21″
Zargenhöhe:  3 3/8″
Beleistung:  parallel
Mensurlänge:  25 1/2″
Anzahl Bünde:  20

Die L-7 war mit verschiedenen Namensendungen erhältlich und bestückt mit einer sogenannten McCarty-Unit. Das ist ein Schlagbrett mit ein oder zwei angebundenen Halbinseln in bzw. unter denen ein Pickup integriert ist, die Pottes sind dabei im Schlagbrettende montiert. Diese McCarty-Units gab es abhängig von Korpusgröße, Korpusform (mit oder ohne Cutaway und Anzahl der enthaltenen Tonabnehmer auch einzeln zum nachrüsten.

Leider hatte ich bislang nur die Möglichkeit mehrere L-7 ohne McCarty-Unit zu spielen, jedoch haben diese Gitarren akustisch einen eher sehr „leichten“ Ton. Eine mit einem floating Pickup am Hals nachgerüstete hatte elektrisch einen sehr ähnliches Verhalten, wie die akustisch Darstellung. 

 

Gibson Super 400 CES                    (1951 – heute)
Korpusbreite:  18″
Korpuslänge:  21 3/4″
Zargenhöhe:  3 3/8″
Beleistung:  parallel
Mensurlänge:  25 1/2″
Anzahl Bünde:  20

 

Gibson Super 300                     (1948 – ????; 1961)
Korpusbreite:  18″
Korpuslänge:  21 3/4″
Zargenhöhe:  3 3/8″
Beleistung:  parallel
Mensurlänge:  25 1/2″
Anzahl Bünde:  20

Die einfachere Version der Super 400 mit vernickelten Metallteilen und fehlenden gravierten Ornamenten auf dem Saitenhalter. Die Gitarre besitzt kein Cutaway und ist mit einem McCarty Unit ausgestattet. – Ob nachträglich montiert oder bereits werksseitig installiert, lässt sich nicht zweifelsfrei belegen. Jedoch hat Ted McCarty die Fingerrest/Pickup-Kombination im September 1948 zum Patent bewilligt bekommen und die Super 300 (die mich persönlich sehr gereizt hat zu erwerben) ist ebenfalls 1948. Lt. Simon Gauf vom Guitarpoint in Frankfurt, der sich ebenfalls auf A.R.Duchossoir bezieht sollen nur 217 Stück der Super 300 gebaut worden sein. Gönnen wir dem jetzigen Besitzer die Freude an und mit diesem schönen Stück.

Ob die Super 300 nun als elektrische Archtop bei Gibson gelistet war, denke ich eher nicht. Zumal es einen Rare Bird Artikel von George Gruhn und Walter Carter gibt, der eine Super 300CES mit Serien-Nr. 5691 von 1961 vorstellt, die ein Gibson Label mit „Super 300“ trägt und mit einem Bigsby ausgestattet ist. Was aber in einen anderen Zeitraum fällt. 

 

Gibson Custom Shop Crimson L-4CES

Gibson L-4CE                     (1948 – heute)
Korpusbreite: 16 1/4“
Korpuslänge: 20 1/2“
Zargenhöhe: 3 3/8“
Beleistung:  parallel
Mensurlänge: 24 3/4“
Anzahl Bünde: 19

Die L-4CE wurde bis 1958 nicht offiziell gelistet, wurde aber elektrifizierte Version der L-4C gebaut. Die L-4CE bzw. CES war standardmäßig mit AlNiCo Pickups 
Es wurde sie kleine Stückzahl von 20 Instrumenten mit dem Charlie Christiam Bar-Pickup gebaut. Als Saitenhalter wurde der der ES-175 verbaut. Später das Art Deco-Design ders L-5 Saitenhalters. 

Eine exklusive und optisch sehr schöne Version war die 2011 gebaute L-4CES Thinline Art Deco, mit sehr stilvollen geometrischen Intarsien auf dem Mahagoniboden. Sehr schön!

Ich habe L-4CES Exemplare sowohl mit Boden und Zargen aus Ahorn, als auch aus Mahagoni vorgefunden.die L-4CES klingt sehr dich, rund und komplex. Ich habe sie als ehr exquisite 16“ Jazz Box empfunden. Chapeau!

 

Gibson Byrdland                  (1955 – 1969; 1972 – 1979; 1989; 2013; 2015)
Korpusbreite:  17″
Korpuslänge:  21“
Zargenhöhe:  2 1/4“
Beleistung:  parallel
Mensurlänge:  23 1/2″
Anzahl Bünde:  22

Die Byrdland kam als Topmodell des 1955 vorgestellten Thinline-Trios, bestehend aus ES-225T (spitzes Cutaway), ES-350T und Byrdland (rundes Cutaway) auf den Markt. Sie ist benannt nach den Gitarristen Billy Byrd und Hank Garland und war zu Beginn mit zwei AlNiCo Pickups ausgestattet. Das sein d die, die auf den ersten Blick ausschauen wie P-90, aber eben diese rechteckigen „Küchenschrank-Magnete“ haben, wie sie auch bei der elektrischen L-5CES zu finden sind. Ab 1958 gab es dann die Byrdland mit den neuen PAF Humbuckern. – Ein kleiner Hinweis an alle, die jetzt auf die Idee kommen, eine alte Byrdland zu erwerben und dann einigermaßen „günstig“ zu einem Pärchen originaler PAFs zu kommen sei ins Bewusstsein gerufen, dass aufgrund des im Vergleich zu anderen Modellen mit 25“1/2 Mensur der Hals um gute 5cm kürzer ist, hat man ihn auch gleichzeitig schmaler gestaltet. Entsprechend sind die Pickups und die Mühe hatte man sich damals tatsächlich gemacht ebenfalls in ihrer Breite und Abstand der Polepieces reduziert. Die ist übrigens auch bei der ES-350T so, die der Byrdland stark ähnelt. Der Unterschied liegt in den gesperrten Hölzern und der ES-350T fehlen die L-5 Attribute, sprich der Flower Pot auf der Kopfplatte und der typische Pürzel am Griffbrettende. Generell hatte man eine flache L-5CES mit kürzerem und schmalerem Hals im Sinn. Dagegen besitzt die Byrdland keinen L-5 typischen Saitenhalter, sondern ihren eingenen, der mit drei Schlaufen eher einem Geländer oder Gartentörle ähnelt. Die Böden aus massivem geschnitzten Ahorn wurden 1963 durch Sperrholzböden ersetzt, was man an der fehlenden Mittelnaht, die Verleihung beider massiver Kanteln, vor dem schnitzen, erkennen kann. 

Ab 1961 bekam die Byrdland ein spitzes Cutaway. Eine Wiederauflage besaß dann wieder das runde Cutaway. Der wohl prominenteste Nutzer Ted Nugent, ist ausgerechnet weder Country- noch Jazz-Gitarrist. Ich konnte eine 1969er aus dem ehemaligen Besitz von Ted Nugent anspielen, habe sie aber dann leider doch nicht mitgenommen.

Der letzte Zeitraum 1972-1979 ist der, in dem ich noch Exemplare finden konnte, eine aus der Custom Shop Crimson Ära von 2013 und 2015 waren ebenfalls zu finden. Das Modell scheint ist aktuell nicht im Gibson Sortiment. Die Byrdland ist ein sehr interessantes, eigenständiges Instrument. 

 

Gibson Johnny Smith                    (1961 – 1989)
Korpusbreite: 17″Gibson Johnny Smith
Korpuslänge:  20 1/2“
Beleistung:  X-bracing
Mensurlänge:  25″
Anzahl Bünde:  20

1961 kam die „Johnny Smith“ als Artist Modell hinzu. – Ein bemerkenswertes Gitarrenmodell, deren Korpus mit 20 1/2″ ein halbes Zoll kürzer als das der L-5 und mit einer Zargentiefe von 3 1/8″ 1/4″ flacher als diese ist. Zudem besitzt die Johnny Smith einen Super 400 Hals, mit den typischen Super 400 Einlagen, der allerdings ohne Freisparung unter dem Griffbrettende auskommt. Wobei letzteres stirnseitig flach am schwebenden Tonabnehmer endet und somit kein spitz auslaufendes Ende wie bei der Super 400 oder der L-5 besitzt. Die Decke ist im Gegensatz zur L-5 mit einem X-Bracing verbalkt.

Das scheint den Wunsch von Johnny Smith zu belegen, auf die Anfrage Ted McCarty’s von 1960 ein Gibson Modell, auf Grundlage seiner bevorzugten ’55er D’Angelico für ihn zu herzustellen. Sein Wunsch war, eine elektrifizierte Archtop mit uneingeschränkten akustischen Eigenschaften zu bekommen, die seiner Lieblingsgitarre gleicht. – Na dann! Und ja, die Johnny Smith ist eine tolle Archtop und es ist definitiv keine L-5!  😉

Interessanterweise, entspricht die Gibson Johnny Smith den Idealangaben für eine Archtop in Bob Benedetto’s Lehrbuch „Making an Archtop Guitar“. Die Angaben der Innenmaße seines Montageblocks für die Zargen und eines Merkkästchens im Kapitel Zargen, schreibt er, dass die Zargenhöhe einer Archtop ideal bei 3″ liegt und  die Zargenhöhe 3″1/4 nicht überschritten werden sollte, da die hohen Register sonst fieselig und dünn klingen und an Kraft verlieren. – Zudem sagt Benedetto an anderer Stelle, dass Johnny Smith einen großen Einfluss auf die Konstruktion hatte. So schließt sich der Kreis, Gibson L-5, D’Angelico, Johnny Smith, Benedetto. 🙂

Die Ausstattung der Gibson Johnny Smith variiert über die Jahre etwas. Die erste Augenfälligste Änderung war der Wechsel vom L-5 Saitenhalter zum 6-Finger-Halter. Die Ausgangsbuchse unter dem Schlagbrett bzw. Fingerrest habe ich ebenfalls mal als Miniklinke als auch als normale 1/4″ Buchse, als auch als Buchse im hinteren Gurtpin  gesehn. Die rückseitige „split Diamond“ Perlmutteinlage ist gerade in den letzten Kalamazoo-Jahren weggefallen. Die Ausführung  der Sealfast-Mechaniken variierte ebenfalls. – Meine 1983 Johnny Smith ist z.B. mit Sealfast-Mechaniken mit ausklappbaren Kurbeln an jedem der sechs Mechanikflügeln zum schnelleren Aufspannen der Saiten ausgestattet. Ziemlich cool! Schade, dass die nicht mehr zu haben sind. 

Das tolle an dem Pickup ist, dass man die Gitarre direkt ins Pult in den Hi-Z Eingang oder auch den eines guten Interfaces spielen kann und es klingt direkt ohne Klangeinstellung nach Johnny Smith. Super cool!

1989, nach Ende des Vertrages mit Johnny Smith, wurde die Johnny Smith, die es in einer Single und einer Double-Version, also mit einem, bzw. zwei  schwebenden Minihumbuckern gab, zur „Le Grand“, jedoch mit einem BJB floating Pickup, der an der geschlossenen Kappe, ohne verstellbare Pole Pieces erkennbar ist. 

 

Gibson Citation                    (1969 – 1970; 1979 – 1983)
Korpusbreite: 17″
Korpustiefe:  3″
Bleistung:  X-bracing
Korpuslänge:  k.A.
Mensurlänge:  25 1/2″

Ebenfalls wurde das Modell „Citation“ ins Programm aufgenommen. Dieses 17″-Modell schaut auf den ersten Blick der Johnny Smith recht ähnlich, wurde aber nur sporadisch, bei Verfügbarkeit der besten Hölzer gebaut und verfügt über ein parallel Bracing. – Eine weitere bemerkenswerte Gibson Archtop, gebaut von 1969 bis 1970 und von 1979 bis 1983, – mit einem wirklich, bereits rein akustischen starken und runden Ton! Ich war bereits beim ersten Anspielen beeindruckt, – Superb!

Die Kopfplatte der Citation ziert eine Lilien-Intarsie, die Rückseite eine horizontal geteilte Raute aus Perlmutt. Das Logo ist, ganz old school und der Bedeutung des Modellnamens entsprechend zitiert als „The „Gibson“ ausgeführt, sogar auf der Kopfplattenrückseite! Das holz des Bodens geht bis über den Halsfuss, so das dieser unten keine Kappe hat. Optisch einfach sehr schön und besonders!

Elektrisch abgenommen wird die Citation über einen BJB-Pickup, der selbstverständlich freischwebend am Halsende über der Decke schwebt.

 

Gibson Super V CES                    (1978 – 1984)
Korpusbreite:  17″
Korpuslänge:  21″
Beleistung:  parallel
Mensurlänge:  25 1/2″
Anzahl Bünde:  k.A.

Die Kombination aus einem L-5 Korpus allerdings mit Finger-Tailpiece, mit einem Super 400 Hals.Die Gitarre ist wie eine normale L-5, mit zwei in die Decke eingelassenen Standardhumbuckern bestückt. 

 

Gibson Super V BJB                    (1978 – 1985)
Korpusbreite:  17″
Korpuslänge:  21″
Beleistung:  parallel
Mensurlänge: 25 1/2″
Anzahl Bünde:  k.A

Wie oben, ein Instrument bestehend aus einem L-5 Korpus und einem Super 400 Hals. Im Gegensatz zur Super V CES jedoch mit nur einem BJB floating Pickup.
 

Gibson Kalamazoo Award                    (bis 1984; 1991; 2000)
Korpusbreite:  17″
Korpuslänge:  20 1/2″
Zargenhöhe:  3 3/8″
Beleistung:  parallel
Mensurlänge:  25 1/2″
Anzahl Bünde:  20

Dieses Modell ist der Citation im groben Aufbau optisch recht ähnlich, jedoch reichlich verziert und dekoriert mit Perlmutteinlagen, einem Riegelahorn-Schlagbrett mit eingelegtem Perlmuttadler, sowie tonal vom Gibson-Mitarbeiter Wilbur Fuller abgestimmter Beleistung, Decke und Boden. Wilbur Fuller hat bei diesem Modell den Bassbalken und Decke auf C und den Diskantbalken und den Boden auf D gestimmt. (wie im Vintage Guitar Magazine, berichtet wurde). Die Kalamazoo Award ist deutlich an dem eingelegten Perlmutttadler auf dem Riegelahorn-Schlagbrett und auf dem Ebenholzinlay des Saitenhalters erkennbar. Die Produktion der Kalamazoo Award lief bis 1984 und umfasst wohl 85 Exemplare mit Fuller’s Signatur auf dem Label, der 1980 das Unternehmen verließ. Die Angabe, dass die Produktion bis 1984 lief, kann ich nicht ganz nachvollziehen, da weitere Instrumente z.B. von 1991 und 2000 auf dem Markt zu finden sind, was dann allerdings in das Zeitfenster nach 1985 und der Produktion in Tennessee fällt. 

Nun ja, warum sollen gute Instrumente nicht auch weiterhin gebaut werden .. 

 

 

post Kalamazoo                    (ab 1985)

Nach dem Umzug 1985 von Klamazoo (Michigan) nach Nashville (Tennessee) blieben wohl die meisten alten Luthier in Kalamazoo und gründeten, wie evtl. bekannt die Firma Heritage Guitars.

Neben den Modellen L-5, Super 400, Le Grand, Citation werden die Instrumente bei Gbson im Custom Shop hergestellt.

 

Gibson Le Grand                    (ab 1989)
Korpusbreite:  17″
Korpuslänge:  20 1/2″
Zargenhöhe:  k.A.
Beleistung:  X-bracing
Mensurlänge:  25″
Anzahl Bünde:  k.A.

Das Nachfolgemodell der Gibson Johnny Smith single Pickup-Version, jedoch ausgestattet mit einem BJB-floating Pickup, statt des Johnny Smith Pickups, der 1961 aus dem Epiphone-Sortiment kam.

 

Gibson Solid Formed                     (2015 – 2017)
Korpusbreite:  17″
Korpuslänge:  k.A.
Zargenhöhe:  k.A.
Beleistung:  k.A.
Mensurlänge:  24 3/4″
Anzahl Bünde:  22

Die Solid Formed ist eine 17″ Archtop, deren Fichten-Decke und Ahorn-Boden nicht geschnitzt oder ausgefräst ist, sondern aus einer massiven Holzplatte in Form gepresst hergestellt wurde. Die Gitarre besitzt ein rundes, sogenanntes „Venetian Cutaway“. Ansonsten ist die Gitarre eher schlicht und sparsam gehalten, keine Einfassung an den f-Löchern, der Kopfplatte und um das Pickguard, sowie ein einfaches Binding um den Korpus und verchromte Metallteile, Die Griffbretteinlagen sind lediglich als Punkteinlagen ausgeführt.

Das Kopfplattenlogo ist inhaltlich mit „The Gibson“ ganz old school als zweizeiliges Scriptlogo in Perlmutt realisiert. 

Sie besitzt einen Gibson Minihumbucker, montiert als floating Pickup, sowie einen Volume-Regler unter dem Schlagbrett. Dieser ist mit dem Finger seitlich am Schlagbrett vorbeistreichend gut erreichbar und stört die Pendelbewegung der Anschagshand nicht.

 

Ein paar abschließende Gedanken ..
Nun sind doch mehr Gitarrenmodelle zusammengekommen, als ich zu Beginn gedacht habe. Aber so ist das, wenn man mal näher drauf schaut.

Die alten pre-war-Instrumente zeigen schön, wie die Gitarre elektrisch wurde, sich die ersten zaghaften Versuche bis zur ES-300 entwickelten und man den Weg zur geeigneten Tonabnehmer Form und Position gut verfolgen kann. 1948 gab es die L-7 mit der McCarty Unit und war m.E. noch ein Ausläufer des Vorkriegszögerns, im selben Jahr kam übrigens auch die populäre ES-175 auf den Markt, die aber eben ein Sperrholzinstument ist und daher nicht Gegenstand des Themas. – Die L-5 und die Super 400 wurden ja erst nach der kriegsbedingten Pause, 1951 mit dem AlNiCo Pickup elektrifiziert. 

Interessant sind die L-5 und Super 400 mit mit PAFs ebenso, wie die Johnny Smith, die als alternativer Entwurf und Wegweiser des späteren Formats wie Le Grand, Citation und Kalamazoo Award und sogar der Super V BJB gelten darf. Freilich kommen die Citation und die Kalamazoo Award mit paralleler Belastung daher, aber vom Typus und Erscheinungsbild, sehe ich hier eine neue Gibson Linie mit 17″ Korpus, schwebendem Tonabnehmer und einem Super 400 Hals, bzw. eine Anlehnung daran.

Schade, dass Gibson die Linie der Instrumenten mit massiver Decke scheinbar nicht mehr weiter betreibt. Der Nachschub scheint zumindest lt. aktuellem Angebot auf der Webseite eingestellt. – Braucht es heutzutage noch dicke 17″ oder 18″ Archtops mit massiver Decke und Boden?

Sagen wir mal so, man bekommt durchaus jazzige Sounds mit einer Broadcaster, ES-330TD, ES-175/ES-165, einer Howard Roberts, die Harmonik gepaart mit dem entsprechenden Timing vorausgesetzt, aber greift man zu einer L-5 oder Johnny Smith erscheint die Welt größer! – Ich liebe es!

 

*Literaturhinweise und weiterführende Lektüre ..

Making an Archtop Guitar
   Bob Benedetto

Gibson Electrics
The Classic Years  An illustrated History from the Mid-’30s to the Mid-’60s
   A.R.Duchossoir
   ISBN  0-7935-9210-0

The Gibson L-5
Its History And Its Players
   Adrian Ingram 
   ISBN: 9781574240474

The Super 400
Art of the Fine Guitar

   Thomas A. van Hoose
   ISBN 10: 0879302305
   ISBN 13: 9780879302306

Pickups, Windings and Magnets
   Mario Milan
   ISBN: 9781574242096

GuitarHQ
   website: www.guitarhq.com

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